Ein Dienstag im Februar oder #WMDEDGT

Tage die ineinander schwimmen wie das bisschen Farbe, dass das Mädchen mit Unmengen von Wasser auf dem Papier verteilt. Die Farben ähneln einander, kommen einzeln nicht zur Geltung. So wie diese Tage sich ähneln. Sie werden in der Erinnerung ineinander fließen wie auf diesen Bildern.

Ein paar Minuten Stille, bevor das Mädchen erwacht. Ingwertee, ein alter Karton wird bemalt noch vor dem Frühstück – oder währenddessen? Das Mädchen sitzt im Schiffskarton, der Mann macht mit dem Föhn den Fahrtwind.

Der Morgen ist eine Ansammlung kleiner Rituale, so wie dieses: Wenn ich das Kind in der Kita abliefere, kriege ich vor dem Abschied noch Chai, Chapati und Dosa aus Sand gereicht. Die gefüllten Sandförmchen nehme ich mit. Alle! Darauf besteht das Kind.

Zu Mittag schicke ich R., unserer Hausangestellten, in die Kantine Essen holen. Ich lege Strohmatten und Kissen im Garten aus. Die Nachbarin kommt, zwei Kinder im Schlepptau. So essen wir zu fünft. Reis, Chapati, Dal und Curry. Die drei Kinder wollen sich nicht trennen, sie ziehen um die Häuser. Sie schmieden große Pläne, wo heute Mittagschlaf gemacht wird und testen die Betten aus. Große Familienbetten sind das, in Indien kennt man nichts anderes. Spät erst trennen wir die Kinder und jedes schläft im eigenen Bett.

Der Nachmittag rollt langsam nur an. Es dauert bis das Mädchen wieder wach wird. Ich backe aus frischem Teig Dosa und hole eine Dose mit Granatapfelkernen aus dem Kühlschrank.

Dann dreht sich der Tag plötzlich schneller. Ich habe ein Skype-Gespräch, Arbeit eigentlich aber das Mädchen mag nicht von meinem Schoß. Nach einer halben Stunde geht sie mit R. Seifenblasen machen und ich kann doch noch etwas besprechen.

Ich finde die beiden auf der neuen Bank vor dem Haus. Auch die anderen Kinder sind wieder draußen und nun nimmt der Tag wieder fahrt auf.

Die Männer haben großes jährliches Planning Meeting in der Stadt und werden heute erst spät zurück sein. Die Nachbarin und ich bekommen Gesellschaft von zwei weitere Frauen. Es wird Hindi geredet, vieles erschließt sich aus dem Kontext, ab und zu frage ich nach. Es geht um die Erschöpfung der einen Mutter, man sieht es ihr an. Fast zwei ist ihr Sohn, aber er will nicht von ihrem Schoß. Das Stillen laugt sie aus, aber ihre Schwiegereltern erwarten, dass sie es bis zum zweiten Geburtstag tut.

Ich sehe die Nachbarin an. Alle Schwiegereltern sind so, wenn sie bei dir leben, sagt die. Sie erwarten, dass du dreimal am Tag kochst. Dass du Bangles aus Glas trägst, Bindi und Zehenringe, alles Zeichen dafür dass du verheiratet bist. Wir sehen die Frau an.

Unsere Männer gehen abends um 5 mit den Kindern raus, sagt die Nachbarin, und ich nicke. Die Nachbarin geht dann ins Fitnessstudio, ich an den Schreibtisch.

Mein Mann geht abends stundenlang spazieren, sagt die müde Mutter. Manchmal rufe ich ihn an, er soll jetzt endlich nach Hause kommen. Aber mit den Kindern spielt er nicht. Er sagt, das sei nicht sein Ding. Menschen sind eben verschieden.

Was sagst du dazu, fragt mich die Nachbarin später. Sie kocht für alle Dal, während ich mit den Kindern bin. Ich würde das nicht einfach so akzeptieren, sage ich. Die Nachbarin nickt. Als ihr älterer Sohn beim Chapati-machen helfen will denke ich daran, was sie mir neulich sagte: ihre Söhne sollen mal kochen lernen. Damit sie sich selbst etwas machen können. Nicht auf eine Frau angewiesen sind.

Nach dem Essen badet der Sohn der Nachbarin mit dem Mädchen bei uns. Dann erst, spät, trennen sich die beiden Kinder. Wir liegen schon im Bett, als der Papa kommt. Das Mädchen übt zählen beim Einschlafen. Zwei schlafen, eine steht wieder auf und klappt den Laptop auf.

Mehr gebloggte Tagebücher über den 5. Februar hier bei Frau Brüllen.