
Wir wollen einen pink room, sagen die Design-Studentinnen. Einen was? frage ich. Wir sind in Indien, auf dem Campus einer Frauenuniversität im Norden des Landes, in der Wüste, weit weg von allem. Hier gibt es nichts. Hier gibt es Tausende von Studentinnen, von der Oberstufenschülerin bis zur PhD-Studentin. Auf den staubigen Straßen gehen sie zwischen Wohnheimen und Unterrichtsräumen hinterher und holen sich zwischendrin Snacks an einem der Kioske, um die herum unregelmäßige Müll-Mandalas den Boden verzieren.

Und wieder ein Wochenende, an dem wir alleine sind, das Mädchen und ich, denn der Papa ist immer noch in Afrika. Wie gut, dass Puja vorbeikommt um auf dem Bett zu toben! Ihre Mutter arbeitet im Haus einer anderen Familie und jetzt, in den Sommerferien, kommt Puja mit zur Arbeit und langweilt sich oder besucht die Familien in der Nachbarschaft. Im Moment kommt sie fast täglich.

Ich habe mir noch nie, noch niemals zuvor eine Hochzeit irgendeines Königshauses angesehen. Die von Meghan Markle und Prinz Harry war die erste und ich habe sie mir gleich zweimal angesehen. Wer weiß, vielleicht wird noch ein drittes Mal daraus, denn ich fand diese Trauung hinreißend und bewegend und wunderschön: von der Musik über die beteiligen Menschen, von denen einige so offen ihre Gefühle zeigten wie vorherige Generationen dies nicht wagten und wagen durften, bis hin zu den Worten, die gesprochen wurden.

Möchtest du den Mond sehen, frage ich das Mädchen. Es nickt und legt das Buch zur Seite, aus dem wir eben noch Lieder sangen über den Mond. Wir schlüpfen in die Sandalen und dann nach draußen, in die heiße Nacht. Es sind die heißesten Tage und Nächte des Jahres. Der Mond hängt schmal und hungrig zwischen den Bäumen. Es ist Ramadan und während nach Sonnenuntergang alle feiern und essen tut der Mond seinen Dienst.

Wir wohnen hier in einer kleinen Nachbarschaft, die aus einer Reihe von kleinen Häuschen besteht. Ehemals waren diese Behausungen eigentlich für Wachpersonal gedacht, für Menschen, deren Jobs es erfordern, dass sie rund um die Uhr da sind und die deshalb auf dem Campus wohnen sollten. Inzwischen sind die Häuser aber auch bei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie deren Familien beliebt, denn es wird zunehmend attraktiver, hier auf dem ruhigen grünen weitläufigen Institutsgelände zu wohnen und nicht in der lauten, vollgestopften Stadt mit schlechter Luft und schlechtem Wasser.

Unser kleines Mädchen spricht noch kaum ein Wort, obwohl sie gerne mit bedeutungsvollem Gesichtsausdruck und staatsmännischen Gesten Reden schwingt. In ihrer eigenen Sprache. Wir sprechen deutsch mit ihr. Unsere Hausangestellte Telugu. Unser Fahrer Urdu. Die Nachbarsfamilie, mit deren Buben unsere Tochter spielt Hindi. Alle anderen Englisch.

Dieser Blog hat eine Weile darauf gewartet, geboren zu werden. Aber erst einmal musste meine Tochter geboren werden. Und ich als Mutter. Und wir als Familie. Alte Arbeiten mussten abgeschlossen werden. Und überhaupt mussten wir uns erst einmal zurechtfinden in dieser neuen Konstellation, hier in der Fremde, in Indien, zu dritt.