Wir sind, wie alle anderen auch, im Haus.
Nachdem in Freiburg das Kontaktverbot schon so früh verhängt wurde, erschraken wir alle. Keiner traut sich mehr, wie noch in den ersten Tagen nach Schließung der Schulen, ein Kind auf der Straße spielen zu lassen. Das Mädchen hat es erstaunlich schnell akzeptiert. Wir schreiben Briefchen und tauschen Bastelbücher, winken einander und rufen uns zu, wie sehr wir uns vermissen.
Im Haus sein, ach, ein Kinderspiel. Es ist mir noch allzu bekannt aus Indien. Es fällt mir nicht schwer, ich weiß noch wie es geht. Aber ich weiß noch, wie schwer man sich daran gewöhnen kann, ein Stück Freiheit verloren zu haben.
Und doch, wer wollte das vergleichen. Die Bedingungen hier sind so gut: die Gänseblümchen auf dem Tisch, der Bärlauch in den Spätzle. Draußen Frühling und Polizei auf den Spazierwegen. Abwechselnde Arbeitszeiten, flexibel gestaltbar, auch das ging in Indien nicht. Quarantäne, wie wir sie erleben, ist ein Privileg.
Während ich auf dem Handy den Lauf der Welt verfolge, mal mehr oder weniger aufgeregt, mal mehr oder weniger mit Angst und Sorgen, Unbehagen, Hoffnung, Staunen oder Verwunderung, spielt mein Kind. Es klebt und bastelt, schichtet und baut, spricht mit Tieren und Wesen, die ich nicht sehe, klettert und hüpft, sammelt und stellt Dinge zusammen in Ordnungen, die ich kenne. Und ich sehe es spielen. Ich habe so viel Gelegenheit wie lange nicht, mein Kind spielen zu sehen.
Tatsächlich hat dieses Kinderspiel in diesen Tagen etwas Heilsames, Verwunderliches, seltsam Gegenläufiges zu dem, was in der Welt geschieht. Es ist frisch, frei, jeden Moment neu, es ist im Vertrauen, unschuldig, schöpferisch und sich immer wieder neu entwerfend, eine ewige sich ständig wandelnde Poesie. Es mäandert und wendet die Richtung ohne jede Vorankündigung, einem unsichtbaren Fluß der Fantasie folgend. Es ist ohne Urteil. Es ist ohne Angst.
Überall um mich herum sind Spuren von Spiel. Ich habe begonnen, sie festzuhalten.