Wir erwachen im Gartenbett. Noch ist es nachts kühl genug, um draußen zu schlafen. Eine kalte Dusche im Garten. Dort ist in den letzten Jahren eine Maracujalaube über unserem Duschplatz gewachsen. Idli, Sambar und Kokoschutney in der Kantine, denn wir haben kein Brot mehr. Der Papa bringt das Mädchen in den Kindergarten.
Sag mal, wieviel zahlt Ihr Eurem Fahrer fragt mich die Nachbarin vor dem Haus. Ihr ist ein wenig bange. Weil wir weggehen. Weil ihr langweilige ist. Weil sie nicht selbst fährt. Sie will wieder unabhängiger werden, überlegt auch wieder zu arbeiten. Warum geht ihr zurück, fragt sie. Kannst du nicht hier arbeiten? Könnte ich, ja. Mir wurden einige Jobs angeboten. Aber die Unabhängigkeit und Freiheit, die ich in Deutschland habe, die werde ich hier nie haben. Dort, sage ich der Nachbarin, steige ich aufs Fahrrad und es geht los. Jederzeit. Kein Fahrer, kein Auto, kein Verkehr, keine schwarze Luft.
Wir treffen die Frau, die mir die geknüpften Taschen besorgt hat. Ich bezahle sie. Immer habe ich die Frauen hier diese Taschen auf ihren Köpfen tragen sehen. Die Frau, der ich das Geld gebe, ist wunderschön. Es gibt eine bestimmte Form von Schönheit und Anmut, die ich nur an indischen Frauen gesehen habe, sage ich der Nachbarin. Sie lacht. Was du alles siehst.
Morgens am Schreibtisch, dann das Mädchen abholen, Mittagessen: Reis, Chana Masala, Batura (fritiertes Brot). Ein langer Mittagschlaf. Was kann man besseres tun in der Hitze des Tages. Ich erwache mit einem kleinen Schrecken: 10 Wochen noch. Der Abschied naht, die Liste für die Ausreise wird länger.
Der Papa kommt nach Hause, eine flinke Übergabe, denn ich habe ein Skypegespräch. Der Pool ist zu, textet der Papa. Also sind Mann und Mädchen bei den Nachbarn. Kaum ist mein Gespräch fertig, gehe ich schnell hinüber, denn auch mein Mann hat noch ein wichtiges Gespräch.
Meine Tochter finde ich im Garten: vier jauchzende Kinder in einem Planschbecken. Wir Eltern drum herum. Gewitterwolken ziehen auf, ich renne nach Hause, um unser Bambusbett im Garten zu räumen. Schlußendlich bleibt es bei wenigen Tropfen.
Der Mann kommt zurück. Freitagabend, wir beschließen ein Bier zu trinken. Morgen wird gefastet, sagt die Nachbarin. Für die Göttin Durgha. Wir reden über die Götter. Übers Fasten. Über G., den Freund der Nachbarn, der auch mal hier war, jetzt aber in Bangalore lebt.
Wisst ihr, dass er nackt durch den See schwamm, sagen die Nachbarn lachen. Die Security stand am Ufer und brüllte er solle rauskommen. Da seien Schlangen im See. Und er schrie zurück: Ich habe aber nichts an! Er ist ein großer Kafka-Fan, der Freund der Nachbarn. Und eben hat er ein Buch publiziert.
Warum besuchen wir ihn nicht, sage ich zur Nachbarin. Du, ich und die Kinder. Er ist dran, ruft die Nachbarin! Ich schreibe ihm er soll kommen. Schreib ihm, ich will ihn treffen, bevor wir gehen, sage ich.
Wir trinken Bier und sind heiter, die Kinder machen Krach und essen gepoppte Lotossamen. Niemand hat Lust, zu kochen. Die Nachbarin schickt ihren Mann los, Biriyani holen. Meiner geht aus Solidarität mit.
Als wir nach Hause kommen, sind wir zu müde, um die Matratzen wieder nach draußen zu tragen. Heute schlafen wir drinnen. Eine letzte kalte Dusche im Garten, dann schlüpfen wir unters Moskitonetz.
Mehr Freitage im April gibt es hier.