Schnee. Mein Winterherz lacht und pulsiert. Endlich auf Skiern. Ganz und gar umfangen von Schnee gleite ich durch die Landschaft.
Die ersten Meter bin ich unsicher, dann aber erinnert sich mein Körper und bald geht es wie von selbst, ohne dass ich nachdenken muss. Die Skier, die Stöcke, meine Arme und Beine bewegen sich in einem Fluss, rhythmisch und in den immer gleichen wiederkehrenden Bewegungen. Manchmal fällt Sonnenlicht durch die Bäume, jedes Schneekristall glitzert. Dann wieder füllen Wolken den Raum über den Wipfeln in einem weiten, weichen Bogen.
Ab und zu treffe ich einen anderen Langläufer, der Pause macht oder mich überholt. Ab und zu öffnet sich der Wald und erlaubt den Blick in die Weite, auf schneebedeckte Höhen und Wälder. Weiß und hell ist es, die Helle dringt durch meine von der Bewegung erwärmten Glieder bis in die Zellen. Wie oft habe ich mich danach gesehnt, so den Winter zu fühlen, in diesen Jahren in den Tropen.
Je mehr die Helle des Schnees in meine Zellen dringt, desto weniger bin ich von der Landschaft zu unterscheiden. Ich bin aus demselben lichten Stoff wie die Blaubeerbüsche, die vom Sommer träumen, wie die Bäche, die voller Unschuld ihre klangvollen Lieder singen, wie die Tiere, die leichtfüßig ihre Spuren in den Schnee zeichnen.
Und jetzt, während ich über die Erde gleite, die von diesem weißen Zauberstoff bedeckt ist, jetzt, wo weder Weg noch Steg erkennbar sind, nur die Spuren, in denen meine Skier sich bewegen, jetzt habe ich nach all den Monaten in Deutschland das erste Mal das Gefühl, wieder mit beiden Beinen auf diesem Stück Erde zu stehen.
Indien, du lebst im dritten Auge, in der Intuition. Auf deinem Boden Fuß zu fassen war schwierig. So fremd warst Du, so vergiftet dein Wasser, deine Erde, deine Luft. Wie sehr ich dich in meine Glieder aufgenommen habe, wird nun erst allmählich deutlich. Jetzt, wo meine Füße langsam wieder festen Grund fühlen, hier im Schnee, in den wenigen Tagen Winter, auf die ich so lange gewartet habe, und die nun endlich da sind. Ich sammle ihn auf und ein und in mich hinein, den Winter. Eine kleine Winterewigkeit, von der ich zehren werde, wenn es Sommer wird.
Hier oben im Schnee bleibe ich, bis die Erde wieder zu sprechen beginnt. Dann erst kehre ich ins Tal und zu den Menschen zurück.