Der Oktober in Indien riecht nach Besuch, der mit einem dicken Koffer aus der Schweiz kommt, voll mit Roggen- und Dinkelmehl, mit neuen Bilderbüchern, mit meinem Lieblingsmüsli, mit feinster Schokolade mit einem Hauch von Lakritz. Darin mischt sich der Duft von Amarula und Whisky und langen Abenden. Nach Kürbis-Gnocchi, die der Besuch kocht. Nach Salbeibutter.
Der Oktober riecht nach Sehnsucht nach deutschem Herbst, wo jetzt die Blätter fallen, der Blick weit wird und die Luft kalt und klar. Hier bringt der Oktober dunstige Tage die schwer sind von Rauch aus der naheliegenden Reifenfabrik. Es riecht nach Gummi.
Der Oktober riecht süß-säuerlich-vergoren nach der Müllhalde auf der anderen Seite der Straße, über die man sich nun beschwert über Whatsapp: Wir haben so viele internationale Gäste hier, und dann dieser Geruch. Welch einen Eindruck von Indien bekommt man denn da? Wir müssen etwas tun! Und ich schreibe zurück, dass ich die Gerüche, die man nicht identifizieren kann viel mehr fürchte und am meisten das, was in der Luft ist, was man gar nicht riecht. Von 20 Städten mit der schlechtesten Luft der Welt sind 14 in Indien. Unsere ist nicht dabei.
Der Oktober riecht nach der Babyseife der Nachbarin, mit der sie Seifenblasenbehälter füllt. Hell ist die Freude der Kinder, die mit den flüchtigen Schönheiten tanzen und schrill ihr Schrei, wenn eine zwischen kleinen klebrigen Fingern zerplatzt.
Der Oktober riecht nach klebrigen Kinderfingern, nicht nur von Seifenblasen, sondern auch von Bananenbrot. Er riecht nach Töpfen mit Lammcurry und Lammbolognese, die zwischen Häusern hin und her wandern. Nach heiß ersehntem Sauerkraut mit Speck.
Der Oktober riecht nach den Abgasen der Autorikshas, mit denen ich durch Ahmedabad brause, das Mädchen auf dem Schoß, nach den Garküchen der Innenstadt, nach den Räucherstäbchen im Jain Tempel der Altstadt. Nach großen Töpfen mit zuckrig gekochten Datteln, die von Frauenhänden entsteint werden. Nach der duftenden Rose, die mir gereicht wird, bevor ich das beste Tali meines Lebens esse, in Messingschalen gereicht.
Der Oktober riecht nach Zukunft und nach nein-wir-bleiben-nicht-ewig-hier.
Dieser Text ist eine Replik auf die wunderbaren monatlichen Geruchsberichte von readonmydear und ihren Oktober-Duft finden man und frau hier. Mit den herzlichsten Grüßen nach Irland.
Ein Gedanke zu “Oktobergerüche”
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