Es gibt viele Dinge, von denen man nichts weiß, bevor man Eltern wird. Von den schlaflosen Nächten und anstrengenden Autonomiephasen hört man. Von der wenigen Zeit, die für einen selbst bleibt. Von der Erschöpfung. Natürlich hört man auch, dass es schön ist Kinder zu haben, und dass es glücklich macht. Aber von den vielen kleinen Glückseligkeiten, die die Tage junger Eltern vergolden weiß man doch nichts.
Eine dieser Seligkeiten ist es für mich, meinem Baby beim Schlafen zuzusehen. Neben ihm zu ruhen. Mit ihm im selben Bett zu schlafen. Den kleinen Körper neben mir zu fühlen, der sich so ganz dem Schlaf überlassen hat.
Mein Baby ist eigentlich kein Baby mehr. Sie ist jetzt zwei! Aber immer noch liebe ich es, ihr beim Schlafen zuzusehen. Bei ihr zu sein wenn sie schläft. Jetzt gerade macht sie ihren Mittagschlaf, mit nackten schwarzen Füßen vom Barfußlaufen liegt sie ausgestreckt neben mir auf den Polstern. Zugedeckt werden möchte sie nicht, sie ist die Hitze tropischer Nächte gewöhnt, in denen man keine Decke braucht, nicht mal Kleidung. Der linke Arm neben dem Kopf nach oben gestreckt, der rechte mit dem Handrücken am Ohr. Sanft hebt und senkt sich der kleine Bauch. Dann ein tieferer Atemzug und beide Hände liegen auf der kleinen Brust, der kleine Kopf gleitet zur Seite.
Am schönsten ist es, in ihr Gesicht zu sehen. Meist gleitet der Schnuller, den sie zum Einschlafen gerne mag, aus dem Mund, wenn der Schlaf ein wenig tiefer wird. Manchmal sieht man dann auf den Lippen weiter eine sanfte Saugbewegung. Manchmal stößt sie im Schlaf Laute aus, oder auch Worte. Manchmal setzt sie sich sogar auf, mitten in der Nacht, um ein entschiedenes „no no no no no“ durch eine angemessene Körperhaltung zu unterstreichen. Dann sinkt sie wieder aufs Bett und in den nächsten Traum zurück.
Am allerliebsten betrachte ich ihre geschlossenen Augen. Die kleinen Lider mit den feinen dunklen Wimpern. Ein Netz feiner Äderchen verleihen den Lidern einen rotvioletten Schimmer. Dieser Schimmer waren mir schon direkt nach der Geburt aufgefallen, als das Baby zum ersten Man in meinen Armen schlief. Und sie passten so gut zu dem roten Jäckchen und dem in Rottönen gestreiften Body, den ich als allererste Kleidung für mein Baby ausgesucht hatte. Dieses Rot ist es, was auch aus der ersten Nacht erinnere.
Manchmal lege ich mich zu ihr und schlafe auch. Manchmal ruhe ich. Manchmal lese ich oder arbeite am Laptop, so wie jetzt. Manchmal lasse ich es sein und lasse mich von davon anstecken, wie rein und vertrauensvoll sich dieser kleine Mensch dem Schlaf hingibt. Was ich auch tue, ich spüre die Gegenwart des Mädchens neben mir und ich spüre den warmen Strudel an Zärtlichkeit und Liebe, der durch meinen Körper zirkuliert. Wie anstrengend auch der Tag gewesen sein mag, wie sehr uns das Wesen, dass da bei uns ist, auch herausfordert – diese Momente sind so friedlich, nah und still, dass die Anstrengung schmilzt, je länger ich neben dem kleinen Körper verweile.
Das Glück solcher Momente ist es, das Elternschaft vergoldet. Vielleicht sind sie eine Art Geheimnis, das Eltern für sich in ihrem Herzen bewahren.
Schlaf gut, mein Mädchen. Süße Träume. Schlaf ist Seligkeit.
Anja M. sagt:
Liebe Anka, seit einer Weile lese ich deine Notes und ich erfreue mich an deinen Zeilen. So erfahre ich von eurem Leben in Indien. Der heutige Text berührt mich, eine tiefe Zärtlichkeit & Liebe geht in Resonanz mit unseren kleinen Erdbewohnern.
Freue mich auf weitere Notes. GLG Anja
ankafalk sagt:
Lieben Dank, Anja, ich freue mich dass Du hier mitliest! GLG aus Indien