Bio, sage ich. Am besten immer und ausschließlich Bio.
Ich würde mich weigern Bio zu essen, sagt der Direktor, Boss eines Forschungsinstituts, der mit seiner Frau und einem anderen Kollegen bei uns am Tisch sitzt.
Oh, sage ich, Du hast soeben eine Mahlzeit genossen, die zu mindestens 50% aus Biolebensmitteln bestand.
Ich würde niemals Biolebensmittel kaufen, sagt der Direktor wieder und ich kenne ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass er es inhaltlich ernst meint und dass er trotzdem auch gerne ein wenig übertreibt. Er liebt Gespräche, in denen klare Positionen bezogen werden und er liebt es zu provozieren. Also bezieht er selbst Position und schaut mich herausfordernd an.
Der Direktor kommt von einer Farm aus Australien. Keine Bio-Farm, logischerweise. Aber eine große. In Indien ist er, weil er den Bauern hier helfen will. Kleinbauern, Klimawandel und so weiter.
Das T-Shirt, das Du anhast, sagt er. Ist das Baumwolle? Fast die gesamte Baumwolle heute ist genmanipuliert. Wir hätten niemals so viel Baumwolle und in dieser Qualität, wenn sie nicht genmanipuliert wäre.
Oh sage ich, dann ist es ja gut ,dass ich bei Anokhi (ein Laden hier in der Stadt) auch Baumwolle in Bioqualität kriege.
(Man muss hier allerdings noch hinzufügen dass dank einer Genmanipulation ein gewisser Schädling die Baumwolle nicht mehr angreifen kann und seither braucht es wesentlich weniger Pestizide in der Baumwollproduktion. Es ist kompliziert.)
Dieses Bio-Getue, sagt der Direktor, das ist so typisch Europa. Das können sich nur die Europäer leisten. Ihr subventioniert die Landwirtschaft! Butterberge! Milchseen! Nur abgewendet durch Anreize zur Flächenstilllegung! Wir können niemals die Welt ernähren, nur mit Bioanbau. Das ist die Position einer Privilegierten, Bio zu kaufen. Bio zu verlangen.
Das mag schon stimmen, sage ich. Aber ich mag einfach kein Essen essen, das mit Gift produziert wurde. Das erscheint mir widersinnig. Ich mag auch meinem Baby kein Essen geben, in dem noch Gift ist. Isst du gerne Gift?
Als ich ein Junge war, sagt der Direktor, da sind wir auf den Feldern rumgesprungen, gerade wenn gesprüht wurde. Ich glaube, wir haben eine gute Dosis DDT abgekriegt.
Ich denke an den Breisgau. Den Schwarzwald. Die Erdbeeren. Die Weinbergpfirsiche. Meinen Quartiersladen. Regional. Saisonal. Bio.
Ich denke an die Kleinbauern hier in Indien und in Afrika. Mit ihrer Hirse, ihrem Reis. Ihrem Weizen. An die weitverbreitete Mangelernährung. Weil immer das Gleiche gegessen wird.
Und ich denke an Deepak Chopra, bei dem ich mal las, man solle seine Lebensenergie nicht damit verschwenden, seinen Standpunkt zu verteidigen oder andere überzeugen zu wollen. Man solle nicht starr an irgendeiner Sichtweise festhalten. Mir fällt eine frühere Diskussion mit dem Direktor ein, über Monsanto. Wie ich nach Luft schnappte.
Bio ist Luxus? Ja es stimmt wohl, und gleichzeitig empfinde ich es nicht nur so. Ich empfinde es als Notwendigkeit, gerade weil ich es mir leisten kann.
In Afrika, sagt der andere Kollege. Da wird jetzt Druck aufgebaut. Von den Europäern. Weil sie auch da Bio durchsetzen wollen.
Europa produziert Überschüsse in der Landwirtschaft, sagt der Direktor und es klingt so, als würde das gleich den ganzen genannten Kontinent für diese Diskussion disqualifizieren. Ohne Glyphosat kommen wir nirgendwohin, fährt er fort.
Wir kommen nirgendwohin, wenn wir nicht Konsummuster und Bevölkerungsmuster hinterfragen, sagt mein Mann.
Ich schaue den Direktor an: Ich sage nicht, dass Bio überall und für jeden das Beste ist. Wenn man sagt, dass DIES (was auch immer es ist) die einzig richtige Lösung ist, für jeden und überall, dann ist das Ideologie. Ideologie ist keine gute Idee. Nie.
(Espresso, denke ich dann. Vielleicht wäre Espresso eine gute Idee.)
Any more questions, fragt mein Mann.
Ja, sagt der Direktor. Diese köstliche Mangocreme. Gibt es da noch mehr davon? Was ist da eigentlich drin?
Bärbel sagt:
Zufällig fand ich deinen äußerst interessanten Blog. Danke für die vielen Einblicke über das Leben in Indien.
Ich finde es auch nicht gut, dass es bei vielen Lebensmitteln nicht nachvollziehbar ist, woher sie kommen , wieviel womit behandelt.
Wieso sind wir Menschen nicht in der Lage, Tieren , die uns als Nahrung dienen, ein gutes Leben zu bieten?
Mein Mann und ich holen uns jeden Sommer 3 Lämmer, die es richtig gut bei uns auf den Wiesen haben. Der Stall steht immer offen. Sie nutzen ihn , ganz nach Ihren Bedürfnissen.
Im Herbst wird geschlachtet. Unser Fleisch kommt von glücklichen Tieren und enthält keine Antibiotika.
Das ist unser kleiner Beitrag, um der Massentierhaltung entgegen zu wirken.
,
ankafalk sagt:
Vielen Dank für die Rückmeldung! Das ist ja schön mit den Lämmern!