Ich fühle mich wie Jona im Walfischbauch, sage ich zu A.
Dein Kind wird’s dir danken, antwortet sie.
Verzerrt ist ihr Gesicht auf dem kleinen smartphone-Bildschirm. Manchmal verstehe ich das erste Drittel des Satzes nicht, weil die Verbindung stockt. Dann wieder fehlt mir ein Stück mittendrin, weil das Mädchen mir ins Ohr kräht. Oder aber es fehlt der Schluss, weil ich ungeduldig bin und sie unterbreche.
Aber es ist eng da darin, sage ich zu A. Wie muss er sich gefühlt haben, so ohne jede Ahnung ob er da wieder rauskommt.
Ach vielleicht war es auch ganz gemütlich, sagt die A. Du warst doch immer so unabhängig, sagt die A. Was kommt als nächstes, fragt die A. Ihr werdet doch nicht ewig in Indien bleiben.
Keine Ahnung, sage ich, das hängt auch von mir ab. Wer zuerst kommt malt zuerst.
Du wirst doch nicht als mitreisende Ehefrau enden, sagt die A. Und ich denke an die drei Wörter, mit denen man manchmal Expatfrauen bezeichnet: verwöhnt, frustriert, verwahrlost. Der häufigste Grund für den Abbruch berufsbedingter Auslandsaufenthalte ist die Unzufriedenheit der zu Hause sitzenden Partner. Deswegen kriegt man ja einen extra Kurs vorher und eine neue Identität: MAP heißt die, MitAusreisende Partnerin. Meistens sind es Frauen.
Wo denkst du hin, sage ich. Ich war doch immer so unabhängig.
Am nächsten Tag frage ich Herrn S. Wie war das mit Jona? Drei Tage und drei Nächte war er im Bauch, sagt der. Dann wurde er wieder ausgespien. Am selben Land. Dann ging er und führte den Auftrag auf, vor dem er sich zuvor drücken wollte.
Aha ein Auftrag, sage ich.
Was machst du eigentlich, frage ich A. noch. A hat auch mal einige Jahre in einer Art Walfischbauch verbracht.
Ich habe eine Ausbildung angefangen, sagt A. Psychoanalyse. Wird so 7 Jahren dauern.
Was ich mich frage, als A. schon längst aufgelegt hat: Kann es sein, dass das mit den drei Tagen und drei Nächten bei Jona nur so ungefähr stimmt? Dass es sich eher um eine indische Zeitangabe handelt? Dass es bisweilen länger dauert?
Bislang ist noch kein Jona im Walfischbauch geblieben würde die A. antworten auf diese Frage. Die A. muss es wissen, denn sie ist schließlich Theologin. Gewesen. Früher mal.
Bevor der Wal sie wieder ausgespuckt hat.
Irene sagt:
Schön geschrieben! Gefällt mir, die Metapher! 🙂
ankafalk sagt:
Dankeschön 🙂